Digitale Medien und Neue Autorität

Die Aktivitäten ihrer Kinder sind Eltern oft ein Rätsel – vor allem bei „Digitalen Medien“. Mit Wachsamer Sorge erzielen Eltern Erfolge und entmystifizieren Smartphones und Co.

Die Wachsame Sorge, entwickelt von Prof. Haim Omer in Tel Aviv, ist ein dreistufiges Konzept, das Eltern und anderen Erziehungsverantwortlichen eine Möglichkeit gibt, ihre gerade benötigte Präsenz zu überprüfen.

Die erste Stufe bedeutet das normale, alltägliche Anteilhaben am Leben des Kindes. Die Eltern wisse, wo sich das Kind mit wem aufhält. Sie kennen die Freunde und Interessen des Kindes und wissen, womit sie ihm eine Freude bereiten können.

Die zweite Stufe kommt zu tragen, wenn sich aus dem Anteilhaben auf der ersten Stufe Grund zur Sorge entwickelt. Manchmal gibt es konkrete Anlässe dafür – bspw., wenn gesundheitliche Faktoren zu tragen kommen oder das Kind beginnt, wesentliche Dinge zu verheimlichen. Manchmal ist es aber auch nur ein „Bauchgefühl“ der Eltern. Auf dieser Stufe erhöhen die Eltern ihre Aufmerksamkeit und Präsenz im Leben des Kindes. Sie lassen das Kind durchaus wissen, dass sie Sorgen haben und deshalb die Situation genauer beobachten werden.

Sollte sich aus dieser Beobachtung die Sorge erhärten, oder das Kind sogar sich oder andere in Gefahr bringen, dann kommt die dritte Stufe zu tragen. Auf dieser Stufe gehen die Erziehungsverantwortlichen in den Widerstand gegen diese Verhaltensweisen. Sie beziehen Unterstützer:innen mit ein und tun alles, um die Gefahr abzuwenden. Die Zeit des Verhandelns und Diskutierens ist vorbei.

Vieles von diesen Ideen nehmen Eltern ganz intuitiv wahr. An der Grenze zur digitalen Welt endet aber oft die Wachsame Sorge. Eltern wissen nicht, was ihre Kinder online machen, mit wem sie kommunizieren, was sie besonders interessiert. Damit fehlt schon die Präsenz, die in der „analogen Welt“ auf der ersten Stufe wahrgenommen wird.

In der Beratung fordern wir Eltern auf, sich auf „virtuelle Touren“ zu begeben und die Kinder bitten, „Tourguides“ für sie zu sein. Die Eltern fragen nach, was die Kinder machen, wofür sie sich besonders interessieren und welche Apps und Spiele sie nutzen. Es geht dabei nicht darum, möglichst viel aus dem Kind „raus zu kriegen“, sondern in erster Linie darum, eine gute Zeit zu verbringen, Anteil zu nehmen – und damit auch Präsenz bei den Online-Aktivitäten der Kinder wahrzunehmen.

Die meisten Eltern berichten, dass ihre Kinder sehr begeistert als Tourguides fungiert und sich über das Interesse der Eltern gefreut haben. Nur wenige machen die Erfahrung, dass die Kinder das ablehnen. Das könnte ein Hinweis sein, dass diese Eltern auf die zweite Stufe der Wachsamen Sorge wechseln müssen. Dafür braucht es Unterstützung! Sie können uns gerne kontaktieren.

 

Lesetipp: „Digitale Medien und Neue Autorität“ von Martin A. Fellacher, erschienen bei V&R, Göttingen (2021)