
Lehrgang „Systemische Supervision und Coaching“
Ziele des Lehrganges sind die Entwicklung einer fundierten Beratungskompetenz, eines supervisorischen Funktionsverständnisses und –bewusstseins sowie die Erarbeitung eines umfassenden theoretischen Gerüstes zur Erfassung von und Intervention in sozialen Situationen auf der Mikro-, Meso- und Makroebene.
A. Konkretisierung von Beratungskompetenz auf drei Ebenen
1. Verankerung von Beratungskompetenz in den persönlichen Einstellungen und Werthaltungen:
- Eigene Wertewahrnehmung
- (Selbst-)Beobachtung (innere Distanznahme)
- Sichtweisen verändern (Perspektivwechsel)
- Spannungsmanagement (Unsicherheit aushalten & nutzbar machen)
2. Denken & Handeln in organisationalen Strukturen. Die theoretischen Eckpfeiler dieser Kompetenz orientieren sich an den Modellen:
- Organisationskultur
- Mikropolitik
- Organisationsdynamik
3. Intervenieren in sozialen Prozessen:
- Grundlagen der Arbeit mit Gruppen & Teams
- Settings und funktionale Positionierung
- Formale und nichtformale Entscheidungsprozesse
- Woran orientiere ich meine Interventionen?
B. Vermittlung handlungsleitender Theorie
Ein theoretisches Modell für die Supervision muss den_die Supervisor_in und den_die Supervisand_in in die Lage versetzen, Situationen so wahrzunehmen und zu beschreiben, dass für festgefahrene Strukturen Lösungen sichtbar werden.
Unter „Lösung“ verstehen wir an dieser Stelle, dass - entsprechend Heinz von Foersters „ethischem Imperativ für Beratungssituationen“ – neue Sichtweisen erschlossen werden und damit die Zahl der Möglichkeiten erweitert wird. Zirkularität und Autopoiesis müssen in ihrer Genese und Funktionsweise verstanden und gehandhabt werden können.
Um diese ständige wechselseitige Vermittlung von Theorie und supervisorischer Praxis zu gewährleisten, arbeiten wir mit einer Lernarchitektur, die Theoriekonzepte jeweils in den Praxisbezug des vorangegangenen Seminars stellt.
Jedem erfahrungsorientierten Seminar folgt ein Theoriemodul. Sie dienen dem Verankern theoretischer Modelle im eigenen supervisorischen Selbstverständnis.
Die Methodik-Seminare dienen dem Kennenlernen und Üben des Methodeninventars für die supervisorische Praxis. Im Zentrum steht die Fähigkeit des_der Supervisor_in, Sichtweisen einzuführen und zu verändern, neue Sichtweisen und Möglichkeiten zu erschließen.
Begleitend gestalten und integrieren die Kandidat_innen in Peergroups das Gelernte je persönlich. Jede Peergroup bereitet eine Abschlusspräsentation vor, die im Abschluss-Seminar vorgestellt und kritisch gewürdigt wird.
C. Entwicklung eines supervisorischen Funktionsverständnisses und Funktionsbewusstseins
Formelle Funktionen sind Elemente der Struktur einer Beziehung, sie werden durch einen formalen Akt hergestellt.
Die formelle Funktion „Supervisor_in“ ist definiert durch die spezifische Balance von Abhängigkeit (vom Auftraggeber) und Unabhängigkeit (nicht Teil des Systems). Damit wird die_der Supervisor_in zur Vermittler_in zwischen den wie immer kommunizierten Ansprüchen der Arbeitswelt und jenen der Supervisanden.
Es muss der/dem Supervisor_in möglich sein, nicht die Symptome zu betrachten, sondern die Kommunikation der Symptome, die Metakommunikation so auf den Tisch zu legen, dass alle Beteiligten sich angenommen fühlen können (und nicht nur sollten).
Um dies leisten zu können, müssen Supervisor_innen über Klarheit über ihre eigene Funktion im Prozessgeschehen der Supervision verfügen, d.h. die formelle Funktion „Supervisor_in" kennen und halten können.
Informelle Funktionen werden nicht „offiziell“ ausgeübt, sondern werden von jeder Gruppe/Team selbst entwickelt, bilden also das Sample der gemeinsamen Definitionen der Beziehung.
Hier geht es für Supervisor_innen v.a. um Selbstreflexion, darum, die eigenen Verhaltensangebote zu kennen, bzw. jene Verhaltenserwartungen, auf die man vorzugsweise reagiert: Muster also, die sowohl Ressourcen als auch Fallen für den Beruf „Supervision“ sein können; die aber jedenfalls nicht mit der formellen Funktion „Supervisor_in“ verwechselt werden dürfen.
D. Unterscheidung der Interaktionsebenen in der Supervision
Besonderes Augenmerk ist auch zu legen auf die verschiedenen Interaktionsebenen, die in der Supervision zu bearbeiten sind:
- Supervisor_in und Supervisand_innen
- Beziehungen zwischen Supervisor_in und Supervisand_in außerhalb der Supervision (privat oder über Organisationen)
- Supervisor_in und Auftraggeber_in / Organisation und Vorgesetzte der Supervisand_in
- Supervisor_in und deren Eingebundenheit in Organisation / eigene Vorgesetzte
- Supervisand_innen untereinander,
- Supervisand_innen und deren Organisation / Vorgesetzte
- Supervisand_innen und Klient_innen
- Supervisand_innen und deren Privatsphäre
- Gesellschaftliche Einbettung aller o. g. Punkte (Werte, Normen, politische Situation und Entwicklung)
E. Neue Autorität
Die Kooperation von ASYS und PINA in der Durchführung dieses Lehrganges versteht sich auf dem Hintergrund der systemischen Grundhaltung der Selbstreproduktion und der Analyse von Wechselwirkungen. Konkret: der Fokus liegt auf Störungen in Interaktionen und Beziehungen, sowie deren interaktionelle Einbettung in systemrelevante Kontexte.
Die Ideen und Herangehensweisen des von Haim Omer entwickelten Konzeptes der Neuen Autorität, im Besondern die von PINA definierten acht Handlungsebenen (Präsenz und Beziehung - Selbstkontrolle und Deeskalation - Trennung Verhalten und Person - Verzögerung und Beharrlichkeit – Wiedergutmachung - Unterstützung und Netzwerk - Transparenz und Öffentlichkeit - Protest und Widerstand) werden in diesem Lehrgang als Praxishintergrund der Teilnehmenden verstärkt präsent sein. Darüber hinaus werden sie immer wieder in Bezug auf die handlungsleitende Theorie befragt und geschärft.
Zielgruppe
Menschen aus verschiedensten Arbeitsfeldern, insbesondere Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Bildung, Gesundheit, Personalentwicklung, Personalvertretung.
Teilnehmer:innenzahl: max. 16 Personen
Zulassung
- Mindestalter 27 Jahre, Berufspraxis mindestens 5 Jahre.
- Abgeschlossene human- oder sozialwissenschaftlich fundierte Ausbildung (Universität, Fachhochschule, Akademie) oder ein dokumentiertes Äquivalent.
- Einschlägige Vorbildung in Selbsterfahrung und für die Supervision relevante Weiterbildung zusätzlich zur Berufsausbildung (mindestens 60 Stunden).
- 60 Stunden Supervisionserfahrung im Einzel- und Mehrpersonen- Setting in den letzten 10 Jahren.
Studienplan
1. Semester |
Lehrveranstaltung |
AE |
Systemisch denken und handeln |
24 |
|
Interaktionstraining |
32 |
|
Systemisch denken und beraten |
32 |
|
2. Semester |
||
Organisationstraining |
40 |
|
Experimentelles Verhalten als Intervention |
32 |
|
Supervision und Praxisreflexion |
48 |
|
(Wechsel-)Wirkungen erfahren |
32 |
|
3. Semester |
||
Akquise, Kontrakt, Erstgespräch |
38 |
|
Theorie & Theorien zu Akquise |
12 |
|
Was tun? – Methoden & Interventionen |
38 |
|
4. Semester |
||
Was tun, wenn…? - Konflikte, Krisen & andere Stichworte |
30 |
|
Theorien zu Konflikten und Krisen |
12 |
|
Mikropolitik –– formelle & informelle Prozesse in Organisationen |
38 |
|
Theorie & Theorien zu Mikropolitik |
12 |
|
5. Semester |
||
Die eigene Persönlichkeit als Werkzeug |
38 |
|
Alternative Theorien |
12 |
|
Integration und Transfer |
24 |
Abschluss
Für den Abschluss ist die Präsenz bei mindestens 80% der Seminare sowie die volle Erfüllung des Praxisteils erforderlich.
Jede_r Teilnehmer_in schließt den Lehrgang mit einer schriftlichen Diplomarbeit ab, die eine gründliche Auseinandersetzung mit einem Fall, einem Tätigkeitsfeld oder einer grundsätzlichen Frage systemischer Supervision darstellt. Die Arbeit wird in Form eines in sich geschlossenen wissenschaftlichen Textes abgefasst, und umfasst mindestens 30 Seiten. Diese Arbeiten sind ebenso als Abrundung der Auseinandersetzung der Teilnehmer_innen zu verstehen wie auch als Beitrag zur Entwicklung einer systemisch-supervisorischen Theorie. Sie sollen daher einerseits das Verständnis der_des Kandidat_in für die Systemische Supervision belegen, andererseits als Artikel über Systemische Supervision publizierbar sein. Jede Abschussarbeit wird von eine_r Begutachter_in aus dem Ausbildungsteam betreut und beurteilt. Bei Differenzen wird ein_e andere Ausbildner_in als ZweitgutachterIn beigezogen.
Der Lehrgang schließt mit dem Diplom für Systemische Supervision & Coaching.
Beim diesem Lehrgang handelt es sich um eine ÖVS-akkreditierte Weiterbildung. Durch die Österreichische Vereinigung für Supervision & Coaching (ÖVS), erfolgt die Anerkennung von qualifizierter Ausbildung und über die Mitgliedschaft in der Assoziation Nationaler Verbände in Europa (ANSE) ist die ÖVS den vereinbarten europäischen Standards verpflichtet.
Nächster Lehrgangsstart
Der nächste Lehrgang startet im Mai 2025.
Bei Fragen können Sie jederzeit Kontakt mit Martin Fellacher aufnehmen.
Kosten
Lehrgangsgebühr: EUR 12.150
Der Preis versteht sich inklusive 20 Einheiten Gruppen-Lehrsupervision, Pausenverpflegung und Getränken. Für den Lehrgang fällt keine Mehrwertsteuer an.
Zahlungsbedingungen:
Die Lehrgangsgebühr ist in sechs Semesterraten á 2.025 EUR, jeweils vor Beginn des ersten Seminares des neuen Semesters, zu bezahlen.
Darüber hinaus ist eine Mitgliedschaft bei ASYS (EUR 30 Jahresbeitrag) während des Lehrgangs obligatorisch. Diese beinhaltet die zweimal jährlich erscheinende Fachzeitschrift BASYS sowie die kostenfreie Nutzung der ASYS Bibliothek.